Historische Hausbesetzungen in Wien. Bei Hausbesetzungen geht es um die Aneignung von leerstehenden Räumen, um sie als Wohn- und/oder Kulturfläche zu nutzen, ganz nach dem Motto, die Häuser denen, die drin wohnen! Der rapide Zerfall innerstädtischer Wohn- und Arbeitsplatzstruktur der Wiener Innenbezirke während der 1960er und 70er Jahre ließ tausende Wohnungen trotz enormem Wohnungsbedarf leer stehen. Diese Entwicklung bildete die politische Grundlage der aufkeimenden HausbesetzerInnenszene. Unser Studiogast, Robert Foltin, gilt als "Chronist der Bewegung" und setzt diese Entwicklung in einen Zusammenhang mit dem Aufbrechen von Disziplinargesellschaft und Fordismus. Hausbesetzungen hatten unterschiedliche Gründe und Ziele, waren aber besonders dann umstritten, wenn sie "als ein Stachel in der Normalität" fungierten. So entstand zeitweise ein "neuer Typus sozialer Organisation" zwischen dem "Privaten" und "Öffentlichen" als ein Versuch der Selbstverwaltung. In diesem Podcast wollen wir der Geschichte von Hausbesetzungen in Wien nachgehen, die Szene mit der anderer Städte vergleichen und einen Überblick über die Entwicklung und den theoretischen Hintergrund dieser politischen Aktionsform über die Jahrzehnte geben.
Das sind die Podcasts
Bildung ist ein Fundament unserer Gesellschaft. Sie führt zu mehr Chancengerechtigkeit und stärkt die Demokratie. Der Zugang zu Bildung und besonders zu Hochschulbildung ist keine Selbstverständlichkeit. Er wurde erst vor wenigen Jahrzehnten ermöglicht und in den letzten 20 Jahren auch wieder eingeschränkt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Universitäten noch restriktiver. Frauen und Arbeiter*innen konnten nicht studieren, auch ein zweiter Bildungsweg war nicht möglich. So kam es zu Initiativen, die auch den Unterprivilegierten Anteil an Wissensproduktion und -erwerb ermöglichen sollten. Das Volksheim Ottakring war ein erster Meilenstein, der Bildung bis hin zum Hochschulniveau und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen sollte und den Kern der heutigen Volkshochschulen bildete. Seither hat sich viel verändert, die Institution steht vor den Herausforderungen des digitalen, postmodernen Zeitalters. Über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Erwachsenenbildung sprechen wir daher mit dem Generalsekräter der Österreichischen Volkshochschulen, Dr. John Evers.
HIV/AIDS taucht vor genau 40 Jahren in den österreichischen Medien auf. Die Hysterie ist groß, Unwissen und Verunsicherung schüren Vorurteile. Schnell ist von einer „Schwulenseuche“ die Rede. Zwangsmassnahmen bis hin zu Tätowierungen und Internierungslagern werden diskutiert. Der Aktivist und Arzt Dr. Reinhardt Brandstätter reagiert schnell mit einer Informationsbroschüre, die falschen Vorstellungen entgegentreten soll und zeitgleich für Bewusstsein und Prävention sorgen soll. In der Folge gründet er die Österreichische AIDS-Hilfe.
Sozialkritik und das Bild der "Neuen Frau" im Leben einer Internationalistin Das Leben der Schriftstellerin, Journalistin und politischen Kämpferin Maria Leitner war abenteuerlich. In eine jüdische Familie der damaligen ungarischen Reichshälfte geboren, erlebt sie nach dem ersten Weltkrieg die Errichtung der Räterepublik und die Grauen des reaktionären weißen Terrors. Über Wien flieht sie nach Berlin, arbeitet für unterschiedliche Zeitungen und hinterläßt uns sowohl politische Romane als auch pointierte Reisereportagen, die eines gemeinsam haben: Die Sicht der Subalternen und des Prekariats sowie ein Bild der "Neuen Frau" und ihr Ringen um politische Teilhabe in einer Welt, die abermals kurz vor dem Abgrund steht.
Märkte als Orte der Begegnung und der Sprachenvielfalt Sprachforscher und Erwachsenenbildner Thomas Fritz besucht als Gast gemeinsam mit der Geschichtsgreisslerei den Wiener Brunnenmarkt und erklärt anhand der Methode der „Linguistic Landscape“, wie vielsprachig der Stadtteil um dem Markt ist und welche wichtige Rolle öffentliche Märkte für die kulturelle, soziale und politische Entwicklung von Metropolen spielen.
Neubau und die Gentrifizierung Diese Folge führt uns ausgehend von der Schottenfeldgasse in Wien Neubau von der frühen Textil- und Seidenindustrie des 18. und 19. Jahrhunderts bis in die schicken Boutiquen und Design Stores in den heutigen Bezirken Sechs und Sieben. Und es geht um die Gentrifizierung und ihre Bedingungen – damals wie heute.
Das Gebär- und Findelhaus in Wien Josefstadt Das Wiener Findelhaus war eine der größten Fürsorgeeinrichtungen der Stadt und eines der größten Findelhäuser der Welt. Eine dreiviertel Million unehelicher Kinder gingen durch diese Anstalt. Damals wie heute war die soziale Situation ausschlaggebend, die damals wie heute kein Hamburger um 1,40 Euro lösen kann.
Bahnhöfe waren und sind besondere Orte. Als Kathedralen der Moderne zogen sie früher alle möglichen Menschen an: Reisende, Arbeiter*innen, Randexistenzen, Glücksritter und Demagog*innen. Heute müssen ganz oder teilweise großen Wohn- und Geschäftsprojekten weichen. Der Nordwest-Bahnhof war der wichtigste Wiener Bahnhof der Doppelmonarchie. In den 1870er Jahren errichtet war er eines der größten infrastrukturellen Projekte der Kaiserstadt und sollte die Metropole mit den wichtigen Industrie- und Agrargebieten in Böhmen und Mähren verbinden. Das über 40ha große Gelände teilte den Bezirk Brigittenau für über 150 Jahre in zwei Teile. Der größte Bahnhof der Kaiserstadt durchlief eine äußerste wechselhafte Geschichte. Von der Hauptanlaufstelle für Waren und Menschen aus der Monarchie hin zu einem wirtschaftlichen und infrastrukturellen Problemkind der Ersten Republik bis zur Neuerfindung als Bahn-LKW Umschlagterminal in den 1960er Jahren, der als Verkehrsknotenpunkt für eine Wirtschaftslinie agierte, die von der Nordsee bis in den Iran reichte. Er war Filmkulisse, Schrottplatz, Skipiste, Fischfabrik, Aufmarschplatz der Austrofaschisten und Nazis und Ausstellungsort für Anti-Semitische Ausstellungen der schlimmsten Ausprägung. Mit der endgültigen Stilllegung in den 2010er Jahren findet das Areal eine neue Nutzung durch intensive Wohnraumbewirtschaftung. In den nächsten Jahren sollen dort 17.000 NeubewohnerInnen des Bezirks ansässig werden, was eine massive Veränderung des gesamten Bezirks mit sich bringen wird.
Gast in dieser Folge der Wiener Geschichtsgreißlerei ist Dr. Martin Wieser. Er lehrt an der Sigmund Freud Privatuniversität Berlin und leitet dort den Bachelorstudiengang Psychologie Berlin sowie das Forschungsprojekt „Theorie, Geschichte und Konsequenzen der Operativen Psychologie“. In der Sendung spricht er über die Geschichte der ehemaligen Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige Kaiserebersdorf und deren Wandel von einer Reforminstitution der 1920er Jahre zu einer autoritären staatlichen Einrichtung, die bis zur ihrer Auflösung 1973 ein Sinnbild für Gewalt gegen sozial auffällige Jugendliche wurde.
Die erste Folge der Geschichtsgreißlerei untersucht die historischen Choleraepidemien im Wien des 19. Jahrhunderts und vergleicht sie mit der jüngsten Corona-Pandemie. Dabei wird klar: Seuchen sind gerade im städtischen Raum Katalysatoren für Innovation. Die soziale Frage bleibt entscheidend, wenn es um Bewältigung von Seuchen geht.