Der Ort
Pius-Parsch-Platz, 1210
Am Pius-Barsch-Platz 3 in Floridsdorf wurde 1936-1938 ein Kirchenneubau nach Plänen von Robert Kramreiter errichtet. Das Gebäude wurde mit Bedacht in der Nähe der großen Gemeindebauten in Floridsdorf errichtet, da auch hier u.a. die schwersten Kämpfe Februar 1934 stattfanden. Die Benennung der Kirche nach dem Heiligen Josef als Schutzpatron der ArbeiterInnen und der explizite Verweis auf die 12 Apostel als Symbole eines bescheidenen Urchristentums waren auch als Versöhnungsangebot an die lokale Bevölkerung gedacht.
Das Thema
Nach Beseitigung der parlamentarischen Demokratie 1933 durch die Christlich-Soziale Partei konnte die nun neu eingerichtete Vaterländische Front auch im staatlichen Bauwesen nach ihrem Gutdünken vorgehen. Dabei setzte sie vor allem auf zwei Schwerpunkte. Einerseits sollte in Anlehnung an das italienische faschistische Regime vor allem in Infrastrukturprojekte wie Brücken und Straßen investiert werden. Andererseits versuchte man im Zuge der engen Verzahnung von austrofaschistischem Staat und Kirche vermehrt neue Gotteshäuser zu errichten. Diese wurden in der Nähe zu traditionellen ArbeiterInnenquartieren und durchaus im modernen architektonischen Stil gebaut.
Als Schutzpatron dieser neuen Kirchen bot sich vor allem der Heilige Josef als biblischer Tischler (und somit Arbeiter) und verständnisvolle Vaterfigur besonders an. Auch wurde dieser Prozess von einer theologischen Orientierung auf die Jesus-Verehrung und auf eine Art Urchristentum begleitet. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurden diese Maßnahmen radikal beendet.
Zu Gast
XXXn ist Kulturwissenschafter
Tipps
Zum Lesen:
- Andreas Suttner: Das schwarze Wien. Bautätigkeit im Ständestaat 1934 bis 1938. Wien 2017
- Alfred Pfoser, Béla Ráski, Hermann Schlösser: Maskeraden. Eine Kulturgeschichte des Austrofaschismus. Wien 2024
- Jan Tabor: Kunst und Diktatur. Architektur, Bildhauerei, Malerei in Österreich, Deutschland, Italien, Sowjetunion 1922 bis 1956. Katalog Wien 1994