Der Ort

Praterstern, 1020. Der Wiener Wurstelprater ist Teil des Praters und ist ungefähr 26ha groß (das sind 4% der Gesamtfläche des Praters). Mit mehr als 7 Millionen BesucherInnen jährlich gehört er zu den Hauptattraktionen des Wien-Tourismus. Der Wurstelprater ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Stadt. Mehr als 80 Betriebe beschäftigen bis zu 2.700 Menschen und erwirtschaften Millionen-Umsätze. Der Wurstelprater wurde aber erst mit der Weltaustellung 1873 zu dem Vergnügungsort par excellence in Wien.

Das Thema

Die Fahrgeschäfte im Wurstelprater wurden traditionell von dort tätigen einzelnen Familiendynastien betrieben. Mit der Weltausstellung 1873 entwickelte sich der Prater aus einem Konglomerat einzelner Buden zu einem professionellen Freizeitgelände. Restaurants, Hochschaubahnen, Geisterbahnen, Imbissbuden und Kinos waren die Hauptattraktionen, die unter anderem lukrative Einkommensquellen darstellten. Unter den BetreiberInnen befanden sich auch BürgerInnen, die mosaischen Glaubens waren bzw. denen eine jüdische Identität zugeschrieben wurden.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 begann sofort ein Gerangel von Mitgliedern der NSDAP, sich die Geschäfte jüdischer EigentümerInnen bzw. die als solche definiert wurden, anzueignen. Dabei taten sich vor allem sogenannte „ehemalige illegale Kämpfer“ oder deren Witwen hervor. Zum Teil waren die Methoden der österreichischen Nazis so unverschämt und rücksichtslos, dass die Berliner Zentrale, wenn auch nicht aus humanistischen Gründen, ordnend eingreifen musste. Die Gegenstrategien der Enteigneten waren manchmal hilflos, manchmal listig – aber am Ende zumeist erfolglos.
‚Viele Attraktionen wie die Liliputbahn oder das Riesenrad gerieten in den Besitz von Nazis. Die Familien der ehemaligen BesitzerInnen wurden verhaftet, vertrieben oder über die ganze Welt verstreut. Und viele ließen in der Shoah auch ihr Leben.
Nach dem Krieg wurden nur wenige Familien entschädigt, sie teilten das Schicksal vieler anderer rassistisch Verfolgter.

Zu Gast

Sarah Knoll ist Zeitgeschichtehistorikerin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Flucht und Migration, New Cold War Studies, Internationale Organisationen und NGO’s und ist ausgewiesene Fachfrau für die Geschichte des Wiener Praters.

Tipps

Zum Lesen:

  • Werner Michael Schwarz, Susanne Winkler: Der Wiener Prater. Ein Ort für alle. Wien 2024
  • Werner Michael Schwarz, Susanne Winkler: Der Wiener Prater. Labor der Moderne. Politik-Vergnügen-Technik. Wien 2024
  • Ursula Storch: In den Prater! Wiener Vergnügen seit 1776. Wien 2016
  • Stephan Templ, Tina Walzer: Unser Wien. Arisierung auf Österreichisch. Berlin 2001
  • Jutta Fuchshuber, Lukas Meissel: Aufregende Forschung. Zeitgeschichtliche Interventionen von Hans Safrian. Wien 2022

     

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