Der Ort
Moissigasse 21, 1220. Das Wiener Gänsehäufel im 22.Bezirk ist einer der größten europäischen Freibäder im städtischen Bereich. Das Areal umfasst mehr als 33 ha und bietet 65.000m² Wasserfläche. Das gesamte Areal ist über einen Kilometer lang und bis zu 500m breit. Das Bad ist eigentlich eine Insel, die nur über eine Brücke zu betreten ist. Bis zum Ende des 1.Weltkriegs war das Bad nur schwimmend oder mit Booten erreichbar. Insgesamt weist das Areal einen Bestand von mehr als 2.200 Bäume auf. Das Gänsehäufel wurde als erstes Wiener Bad mit einem Wellenbad ausgestattet und bietet weitere zahlreiche Sportmöglichkeiten. Seit 1981 existiert auch ein reservierter Bereich für die Anhänger*innen der Freikörperkultur (Nackbaden).
Das Thema
Das 1907 gegründete Freibad Gänsehäufel ging auf die Initiative des Reformheilkundlers und Naturfreundes Florian Berndl zurück. Das Gänsehäufel ist eine nach der Donauregulierung von 1875 im ehemaligen Hauptstrom entstandene Insel, die zuvor zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wurde. Berndl richtete dort eines der ersten Freibäder in einer europäischen Metropole ein, in der sowohl Männer wie Frauen gemeinsam baden durften. Das Bad erhielt vor allem in liberalen bürgerlichen Schichten so großen Zuspruch, dass die konservative Stadtverwaltung unter der Leitung von Karl Lueger diesem für sie suspekten Treiben ein Ende setzen wollte. Berndl wurde in Folge die Pacht unter fadenscheinigen Gründen entzogen und das Gänsehäufel wurde ein kommunal verwaltetes Freibad. Die Errichtung der Einrichtung fiel in eine Epoche einer umfassenden, größtenteils bürgerlichen Reformbewegung, die von einem differenzierten Körperbewusstsein bis zur Neubewertung von Sexualität reichte. Nach dem Ersten Weltkrieg zog es vor allem auch Proletarier*innen ins Bad, das Gänsehäufel entwickelte sich seitdem zum sprichwörtlichen „Lido“ der Wiener*innen.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden große Teile des Bades zerstört, der rasche Wiederaufbau erfolgte architektonisch im Stil der Neuen Sachlichkeit, die bewusst Abstand zum großsprecherischen faschistischen Baukitsch, aber auch zu einem vorgeblich revolutionären Zwischenkriegspathos nahm.
An heißen Tagen baden dort bis zu 20.000 Menschen. Das Bad stellt einen eigenen Mikrokosmos mit Restaurants, Sportanlagen und sogar einem Kasperltheater für Kinder dar
Tipps
Zum Lesen:
Leopold Redl, Hans Wösendorfer: Die Donauinsel. Ein Beispiel politischer Planung in Wien. Wien 1980
Zum Anschauen:
Youtube Videokanal von Bernhard Rennhofer: Die größte Baustelle in der Geschichte von Wien. So wurde die Donauinsel in Wien gebaut.
https://www.youtube.com/watch?v=EVe1byxe6GY
Zum Mitfeiern:
Falco Konzert auf der Donauinsel 1993. Auf Youtube.
https://www.youtube.com/watch?v=bqseW3ZItxA